Aus der Geschichte der Pfarrei: Streit um Turnstunden

Mittwoch 15. September 2021 , Wurmlingen

Bahnhofsaal war einst "Turnhalle"

Aus der Geschichte der Pfarrei  –  Der Streit um abendliche Turnstunden im Bahnhofsaal

Im September 1949 gab es in Wurmlingen einen heftigen Streit, in dessen Verlauf sogar Bischof Carl Joseph Leiprecht ganz persönlich in die Auseinandersetzungen eingriff. Was war geschehen: Der Turnverein Wurmlingen plante im Saal der Gaststätte Bahnhof im Herbst 1949 Übungsstunden für Buben und Mädchen ab Klasse 3, abends um 18 Uhr abzuhalten. Dieses Ansinnen rief nun eine größere Zahl besorgter Mütter auf den Plan, die Pfarrer Fridrich ihre Sorgen vortrugen. Der bestellte nun die drei verantwortlichen Vereinsvertreter des Turnvereins zum „Rapport“ ins Pfarrhaus um diese von ihrem Vorhaben abzubringen. Ganz offensichtlich zeigten sich diese jedoch wenig einsichtig, so dass anderntags ein Brief an den Rottenburger Bischof ging. Der schrieb umgehend zurück: „Abends sollten die Kinder in diesem Alter unter der Aufsicht der Mütter stehen. Es wurden mir bislang noch nirgends ähnliche Missstände gemeldet. In einer Mütterversammlung sollte ein ernstes Wort gesprochen werden…“ gez. Carl Joseph Leiprecht, Bischof.

Solche in der heutigen Zeit fast lustig anmutenden Geschehnisse, sind nur im Kontext der geschichtlichen Zusammenhänge zu verstehen. In den ersten Nachkriegsjahren war Erziehung fast ausschließlich Sache der Frauen die, bis auf wenige Ausnahmen, nicht berufstätig waren. Väter waren eher für die „gröberen Erziehungsaufgaben“ zuständig und auch in der Schule lag der „Tatzenstecken“ des Lehrers immer griffbereit. Dazu kam natürlich auch die politische Konstellation in diesen Tagen. Im etwas kirchenferneren Turnverein in Wurmlingen wurde, nach dem 2. WK, zumeist links gewählt, während die kulturtreibenden Vereine lupenreine CDU- Bastionen waren.

Text und Bild: hpp

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